Aus dem Maker-Forum vom 18.05.2020
Hi,
ich habe es ja in einem anderen Thread angedroht, ich würde mal ein kleines Tutorial dazu schreiben, wie man einen Elektrikplan einigermaßen Übersichtlich hinbekommt. Von Normung will ich noch gar nicht schreiben.
Weil sich das ganze mit dem Plan den ich da jetzt habe, übereindeckt, bringe ich gleich noch die Basis-Schaltung einer NotAus-Steuerung unter. Die wird von Makern nämlich auch sehr gerne falsch gemacht, und da gibts dann gleich noch ein paar weitere Hinweise.
Zuerstmal wichtig eine Unterscheidung: Ich will hier Pläne zeigen, die ich jetzt einfach mal als Elektrikpläne bezeichne. Also für alles, was nicht auf einer Platine stattfindet, z.b. Schaltkastenverdrahtung, Verdrahtung von Modulen,...
Man kann hier sicherlich einiges in die für Schaltpläne für Platinen übernehmen, aber wenn man beide Schaltplantypen anschaut, werden schon einige grundsätzliche Unterschiede auffallen.
Hier mal der Schaltplan, der ist noch ein gutes Stück weit weg von optimal, aber besser als so manch anderes, was ich von Makern so gesehen habe:
Was fällt als erstes auf?
Wir haben außenrum gekennzeichnete Spalten (1-6) & Zeilen (A-D). Damit lassen sich Elemente im Schaltplan schneller wieder finden. Insbesondere wenn es über mehrere Seiten geht.
Eigentlich ist es so gedacht, dass sich pro Spalte nur ein Strompfad befindet, bei dem vorliegenden Schaltplan wollte ich natürlich alles auf eine Seite quetschen, ist damit nicht so optimal.
Was fällt noch auf, insbesondere im Vergleich zu einem Platinenschaltplan? Wir haben durchgehende Potentialleitungen, oben Spannungsführende Leitungen (Phase L), bzw. positivere Spannungen (28V), unten Bezugspotentiale wie GND, N & PE. Die Strompfade werden von unten nach oben gezeichnet.
Auch werden Schütze und Relais zur besseren Übersicht aufgeteilt. Wenn man das noch optimaler machen würde, würde man zu jedem Relais-/Schützkontakt noch die Schaltplanseite und die Koordinaten der Spule dazuschreiben (für K1 z.B. 1.C2). Unter die Spule würde mann dann die Kontakte zeichnen und dazuschreiben, wo diese zu finden sind.
Wichtig natürlich auch das Beschriftungsfeld, in diesem Fall rechts unten. Name der Anlage, Name des Anlagenteils, Datum, Revision, Seitennummer, Anzahl der Seiten, Autor + Kontaktinfos und natürlich Platz um Änderungen zu dokumentieren (wann, was, wer). Wenn es mehrere Schaltpläne, bzw. logische Aufteilungen gibt, würde man hier noch ein Schaltplankurzzeichen hinzufügen (hier z.B. "+Vers" für "Versorgung" oder +"Ein" für "Einspeisung".
Laut DIN sind Leitungskreuzungen m.W. sogar verboten. Halte ich persönlich nicht viel davon, sie sind auf jeden Fall aber zu vermeiden. Lieber eine Leitungsunterbrechung. Man kann sowas z.B. an "+28V" in A4 ganz links erahnen. Bei weiteren Schaltplänen oder Schaltplanseiten würde das "+28V" wieder mit Verweis auf diesen Schaltplan (über Kurzzeichen), Seite und Koordinate auftauchen. In diesem Falle gibt es keine weiteren Schaltpläne.
Bei einer richtigen Unterbrechung würde man dazu das Ziel mit Schaltplankurzzeichen, Seite, Koordinate angeben und beim Ziel natürlich die Herkunft genauso (das wäre in diesem Fall dann z.B. "+Vers.1.A4".
Das darf man natürlich nicht übertreiben, wenn ich nur noch Schaltelemente habe, die von Verweisen umgeben sind, wird das auch sehr unübersichtlich (das finden man oft bei Platinenschaltplänen). Man sollte schon logisch zusammenfassen was zusammengehört.
Gezeichnet ist der Plan übrigens mit KiCAD. Für sowas würde ich in Zukunft aber wohl QElectrotech verwenden.
Noch ein paar weitere Hinweise:
An allen Kontakten befinden sich Ziffern, z.B. an den Relaiskontakt K1 in A3 rechts 1/2, links dagegen 43/44. Das ist ein dickes Schütz mit Hilfsaufsatz. Einstellige Ziffern sind die Leistungskontakte. zweistellige Ziffern nicht so stark belastbare Hilfskontakte. Dazu gibt es hier ein paar mehr Infos: https://elektricks.com/schuetz-relais/
Ähnliches gilt natürlich auch für die Taster.
Dann findet sich oft z.B. "Kl.1" usw. auf dem Plan.
Hierbei handelt es sich um eine Reihenklemmleiste, z.B.: https://docplayer.org/docs-images/62/47888427/images/3-2.jpg
Auf diese Klemme klemmt man alle Leitungen die von außen reinkommen, bzw nach außen gehen, in meinem Fall also die Schukoleitung und was an die Anlage weitergeht. Also alles, was man abbauen kann/muss. Damit fallen aber auch die Leitungen zum Bedienpanel drunter. Man könnte diese Klemmenleiste auch in mehrere logische Klemmenleisten aufteilen ("kommt von außen", "geht zur Anlage", "geht zu XY", "Bedienpanel",...). Dann würde man die Klemmenreihen mit X*irgendwas* bezeichnen, eine bestimmte Klemme wäre dann z.B. X1.1.
Dazu gibt es natürlich einen Klemmenplan, ich mag den gerne etwas ausführlicher mit einer kurzen Funktionsbeschreibung der Leitung. Andere Klemmenpläne sind da wirklich reine Ziffern- und Buchstabengräbern mit Verweisen.
Zum angucken:
"Kurz" zur Notaussteuerung:
An eine sichere Notaussteuerung stellt man ein paar Mindestanforderungen, u.A. Drahtbruch & Spannungsausfallsicherheit und Wiederanlaufschutz. Auch ist wichtig, was man abschaltet. Das ist hier mit der Notaussteuerung im Pfad 2 realisiert:
Der NotAus selbst, ist (genauso wie der Taster "Aus") als Öffner verbaut - im Allgemeinen verwendet man für alle Schaltelemente, die Abschalten sollen aufgrund der Drahtbruchsicherheit Öffner und niemals Schließer! Wenn irgendwo ein Draht bricht, sich aus der Verschraubung löst,... wird bei einem Öffner die entsprechende Abschaltfunktion ausgelöst, bei einem Schließer kommt bei der Steuerung gar nix mehr an.
Das gilt entsprechend auch z.B. für Endschalter. Kann sich ein jeder Vorstellen, was los ist wenn eine CNC-Maschine Richtung Endlage fetzt und der Endlagenschalter ist funktionslos, weil sich da eine Leitung gelockert hat.
Einschaltende Elemente werden entsprechend andersherum als Schließer ausgeführt - das betrifft in diesem Fall den Ein-Taster, aber z.B. auch Start- oder Wahltaster.
Damit hätten wir die Drahtbruchsicherheit.
Nun den Wiederanlaufschutz, der auch den Spannungsausfall absichert.
Hier geht es darum, dass die Maschine nicht selbstständig wieder anläuft, wenn man den Not-Aus wieder zieht. Das geht mit einem Relais/Schütz ganz einfach über eine Selbsthaltung. Parallel zum Taster "Ein" S2 befindet sich ein Kontakt des Not-Aus-Schützes "K1". Wird S2 gedrückt, zieht K1 an und S2 wird von dem Kontakt 13/14 gebrückt. Wird der Not-Aus S0 oder der Aus-Taster S1 oder die Spannung fällt aus, fällt K1 ab, und damit ist S2 nicht mehr gebrückt. Die Spannungsversorgung kann erst wieder hergestellt werden, wenn S2 gedrückt wird.
Dann ist wichtig, was man abschaltet.
Stellt euch vor ihr müsst bei einer CNC-Maschine deren Steuerung hängt den Not-Aus drücken. Wenn jetzt der Not-Aus nur auf einen Eingang der Steuerung wirkt, bringt das genau gar nix, die reagiert ja nicht mehr. Also schaltet man mit einem Not-Aus auf jeden Fall die Spannungsversorgung aller Aktoren ab, das betrifft z.B. die Treiberplatinen der Schrittmotoren, die Stromversorgung für irgendein Werkzeug,...
Die Steuerung wird quasi nur darüber informiert, dass jetzt abgeschaltet wurde.
Streng genommen, ist dass dann allerdings auch kein Not-Aus, sondern eher ein Not-Stopp. Bei einem Not-Aus müsste wirklich die ganze Anlage abschalten. Ich bevorzuge allerdings meistens Not-Stopps, da ist es meistens einfacher, die Anlage wieder in Betrieb zu nehmen, nicht unbedingt um schneller weiterarbeiten zu können, sondern auch um z.B. verklemmte Anlagenteile schneller wieder freizufahren.