[blog] Imposter Complex

  • Ausnahmsweise schreibe ich einen Beitrag aus dem Maker-Blog auch hier.
    -> https://www.maker-forum.net/blog/index.php…cht-seh-es-ein/
    Der Grund ist einfach: hier ist mehr Feedback.

    Jedem Maker/Bastler/Macher kommt irgendwann etwas in die Quere.
    Ihr seit mit einem Projekt gestartet und merkt irgendwann ... FUCK, ich kann das gar nicht.
    Und dann kommt sie wieder, diese innere Stimme, die einen alles anzweifeln läßt.
    "Ich habe alle geblendet. Unterm Strich ist das alles für die Tonne. Ich hör auf. Verkauf den ganzen Scheiß.
    Fuck this Shit. Ich bin raus."
    Wut spielt da auch oft ein Rolle.

    Kommt euch das bekannt vor?
    Es ist dann auch völlig egal, was ihr bereits erreicht habt. Alles ist ohne Wert.
    Ihr seit ohne Wert. Ein Gefühl, als ob man einfach nur jahrelang und besonders jetzt gerade völlig versagt.
    Hätte man doch blos nie mit dem Scheiß angefangen. So viele können einfach alles so viel besser.
    Ich hol jetzt den Hammer und zertrümmer alles. Vielleicht auch ein kleines Feuer für den Rest.

    Man kommt dann auch nicht mehr von der Stelle. Was zusätzlich Druck erzeugt.
    Das kann so weit gehen, dass selbst bei fertigen Projekten ein Kompliment wie ein Trösten empfunden wird.
    "Boah alter, echt geil" ... kommt im Kopf an wie "ich sag besser was nettes, bevor der hier völlig abschmiert".
    Unfähig die eigenen Leistungen zu bewerten landet man im Stillstand. Und gleichzeitig Stress im Kopf.
    Ungesunde Kombination.

    Und dann ist da immer ist das Gefühl, dass es nicht reicht.
    "What's next?" ist dann das Folgeproblem.
    Ein Steigerung der Ursache durch erreichen höherer Ziele. So Widersprüchlich das auch ist.
    Man erreicht etwas, dass man selber als Next-Level-Leistung bezeichnet. Und will das steigern.
    Man hat in sich selbst eine Art von Erwartungshaltung aufgebaut, die oft nicht zu erfüllen ist.

    Wie kommt man da wieder raus, aus diesem "Hochstapler Syndrom"? Tiefer stapeln? Sich selber kleiner machen?

    Eine 1A Lösung habe ich dafür leider auch nicht. Diese Stimme kommt immer und immer wieder.

    Reden
    Drüber reden hilft. Das hilft im übrigen immer und bei allen Lebenssituationen.
    Das Problem beim drüber reden ist nur, dass man sich selber erst bewußt sein muss, dass es nicht so ist, wie man meint.
    Sonst rutscht man ruck-zuck wieder in die "Trost-Falle".

    Einen Meter zurück gehen
    Man kommt an einer Stelle nicht weiter. War man sich schon vom Start des Projekts an bewußt, dass man da scheitern wird?
    Wie sehr scheitert man gerade wirklich?
    Erst mal Abstand nehmen. Die besten Ideen hat man unter der Dusche. Oder beim Spazieren.
    Das sind beides sehr gute Methoden.
    Vielleicht entscheidet man sich dann dazu, von vorn anzufangen.

    Vorher dem Schweinehund Ketten anlegen
    Die Idee dahinter ist, sich vorher klar zu sein, dass es kein "first try and success" werden kann.
    Die Methode ist: mehr Zwischenschritte einbauen, um sicher zu sein, dass es etwas wird.
    Lieber eine Stunde damit verbringen, eine ordentliche Anlage zu bauen als am Ende alles zu verfluchen, weil es nicht genau wurde.

    Verfluchte Perfektion
    Da komme ich nie drüber weg. Ich sage mir immer, ausreichend Luft zu lassen. Spielraum.
    Aber am Ende ist immer etwas zu eng. Oder ganz einfach nicht so, wie ich es wollte.
    Da ist sie wieder. Die Erwartungshaltung. Aber: auch die ist nur im Kopf.
    Ich muss der Perfektion immer wieder den Kampf ansagen. Ungenau ist besser?
    Zumindest besser als "Fuck, gerissen, weil Sonne drauf scheint."

    Nicht vergleichen
    "Hörst du nicht auf mit vergleichen, wirst du nie etwas erreichen" -Fanta4
    Und genau das ist es. Wenn ihr auf einer Messe seit, seht ihr Ergebnisse.
    Ergebnisse, deren Entstehungsgeschichte ihr nicht erfahren werdet.
    Geht einfach davon aus, dass auch die alle eine Reihe von Verzweiflungsschüben hinter sich haben.

    Aller Anfang ist Yeaaaahh! -Fanta4
    Als ihr die Idee zum Projekt hattet, habt ihr dieses Feuer gespürt. Alles in eurem Kopf lief auf hochtouren und ihr wolltet unbedingt starten.
    Alle Zeichen auf YEEAAAAHH!
    Und daran muss man festhalten. Immer im Kopf zurück an den Yeah-Punkt gehen.

    Scheitern gehört zum Prozess
    Simpel. Aber die Erkenntnis reifte in mir erst sehr sehr spät.

    Zurückblicken
    Mir hilft es auch, alte Werke anzuschauen. Da ist so ein Forum schon ein praktische Krücke.

    Das nächste Problem, welches ich hier breittreten werde, läuft bei mir unter dem Begriff "Leguan-Effekt".
    Das hat aber nur entfernt etwas mit dem Tier zu tun.

  • Nachtrag:

    Zeit heilt alle Wunden:
    Habe noch irgendwo die unfertigen Teile eines vor 43 Jahren angefanges Projekt. Schoenes Aluminium Pultgehaeuse mit Analoginstrumenten fuer regelbares Netzteil. Selbst geplant, ohne Bausatz. Platine war schon bestueckt und tat auch, aber am sauberen Bohren der Loecher und Beschriften des Gehaeuses bin ich gescheitert. Ich hab das dann seinerzeit zur Seite gelegt.

    Stauraum:
    Wer wegschmeisst gibt alle Hoffnung auf. Wer keinen Stauraum hat, den gucken die unfertigen Projekte dauernd an.

    Preis/Nutzen:
    Wenn man was bastelt, was man auch kaufen koennte, sollte man sich schon mal ausrechnen wieviel Geld man in der Zeit verdient die man zum basteln braucht. Klar, ist bloss grobe Naeherung. Kann sein man hat keinen Job, kann sein, dass Arbeitszeit scheisse ist. Aber bei mir kam dann dabei heraus das ich nix mehr gebastelt habe was ich auch kaufen konnte. Habe deswegen seitdem nicht mehr probiert ein regelbares Netzteil zu bauen.

  • Hähä, das mit dem Netzteil kenne ich. Ich habe auch ewig Zeug für sowas da gehabt und dann ist das ganze eingeschlafen. Habe dann auch irgendwann realisiert, dass das ganze teurer und schlechter ist, als das was man kaufen kann und die Probleme die man bei nem Netzteil lösen muss, vlt. nicht wirklich mein Interesse streifen. Vor einer langen Weile habe ich dann viel kram bei Ebay verkauft und dann die letzten Überbleibsel nach zig ausgelaufenen Auktionen bei Ebay, in die Tonne gekloppt.

    Ich habe ein paar andere Sachen, die mich wirklich interessieren würden und mal ausprobieren will. Aber bevor ich den Kram anfange und wieder Geld ausgebe, will ich erst mal den ganzen IT-Kram abschließen. Aber seit das Kind da ist, geht alles nur noch im Schneckentempo ^^.

  • Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, das meine Bibliothek eine Bibliothek ist und keine ToDo Liste. Da ist ein niedriger dreistelliger Satz an Spielen drin, viele über Bundles. Manche habe ich gar nicht gewollt. Ich sehe das als Möglichkeiten, falls man mal Lust hat oder der Filius später mal.

    Trotzdem ist immer noch das Problem da, dass man ein Spiel anfängt und dann Wochen nicht mehr dazu kommt. Dann ist das wie ein Neustart und das demotiviert. Dann lasswmans irgendwann liegen.

  • Ich bin dem ganzen noch etwas weiter auf den Grund gegangen bzw dank Disney mit einer neuen Bewältigungsstrategie am Start.

    Der kleinen Stimme "du kannst das nicht - lass es - Alter, dein ernst?" habe ich ein Bild gegeben.
    Genau genommen wurde sie personifiziert.
    Der Typ ist ein fauler, mosernder Sack. Die fette Raupe nimmersatt, die immer was zu meckern hat.
    Und spricht einem, also mir, immer rein.

    Immer?
    Das war die erste Frage, die ich mir gestellt habe.
    Wann passiert das denn nie?
    Wenn man die Gedanken frei hat. In meinem Fall früh am Morgen oder zB beim Duschen.
    Dann hält der die Klappe.
    Bedeutet für mich, dass die Ideen zu der Zeit die wichtigsten sind.

    Aber was hat Disney damit zu tun?
    Luca. Prima Film. An einer Stelle erklärt Alberto dem Hauptdarsteller Luca, wie er mit Angst/Zweifel umgeht.
    Er nennt diese Stimme im Kopf "Bruno". Und die soll einfach still sein.

    "Silenzio Bruno"

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    Das ist genau meins. Silenzio Bruno.
    Funktioniert 8o

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