banksy vs warhol vs haring

  • Jetzt mal wieder etwas Zeitgeist und dem, was man allgemein als PopArt bezeichnet.
    Und das wir meiner Meinung nach aktuell eine PopArt-Ikone Live mitbekommen, die in den Kunstbüchern landen wird.
    Um "wichtig" zu werden, muss man schon etwas besonderes leisten.

    Warhol
    Warhol hat mit seiner "nimm Das!, du elendes Kunst-Mist-Stück" Haltung alles umgekrempelt.
    Er brachte den Alltag in die Kunst - und umgekehrt. Nicht das Thema, sondern das Absurde an sich wurde gefeiert.
    Obwohl er ja bereits einer der gefragtesten Grafiker war, wollte er mehr. Mehr Extravaganz? Mehr von allem.
    Es mußte alles raus aus seinem Kopf. Bilder (Siebdruck), Filme, Bücher ... raus raus raus.
    So richtig bin ich nie hinter seinen Geist gestiegen.
    "Thirty are better than one" - 30x die Mona Lisa auf einen Rahmen zu drucken ist besser als eine.


    Details zu Warhol:

    Spoiler anzeigen


    Er am Anfang recht bescheiden. Seine bekannten Campbells (32 Stück, weil es 32 Geschmacksrichtungen gab) wollte er für insgesamt 1000$ verkaufen.

    Bekommen hat er 32.000.
    1996 sind die dann für 15 Millionen verkauft worden. Für Siebdrucke wohlgemerkt. Technisch ist das keine Kunst.
    In seiner weniger Popkultur aber sehr reizbaren Schaffungsserie über "Tot durch Menschen" wurden dann auch spannende Verschleierungstechniken verwendet.
    Als ich das erste mal diese Bilder gesehen habe, dachte ich, die sind digital erstellt worden.

    Und schon wird der Horror leicht konsumierbar. Durch stetige Wiederholung und grelle Farben.
    Hier kann man aber schon sehen, dass da evtl auch mal was mit Film kommen könnte.
    So kam es dann auch. Einfach drauf los gefilmt hat er eine Zeit lang. In seiner "Factory" wurde eine irre Szene von Stars kreativ.
    Robert Indiana paßte da auch perfekt rein. Das klassische LOVE. Kennt auch fast jeder.
    Selbst Dali und Mick Jagger waren Besucher seiner "Welt".
    Seine Filmerei umfaßt geschätzt 250 bis 300 Filme. Yep. Und sehr viel, was man heute als Trash bezeichnen würde.
    Oder als "kaum noch zu ertragen". Lars von Trier war sicher ein großer Fan von ihm.
    Durch seine Drogenfilme mit harten Drogen wurde ein wirklich krasses Gegenbild zur Hippie-Szene aufgezeichnet.
    Man kann es schon eher als zeitliche Dokumentation sehen denn als Film.
    Auch Live-Shows gab es. Er war der Showmaster von "Velvet Underground". Brutal laute Musik mit Lichtschows, die epileptische Anfälle auslösen konnten.
    Viel Nacktheit bis hin zu Pornografie. Volles Programm - volle Hütte.

    Auch sein wohl bekanntestes Buch "A: A Novel" (das A steht für Amphetamin) ist ein heilloses vor Fehlern jeglicher Art strotzendes Werk.
    Im Grunde hat er über Monate einem Koks-Junkie das Mic vor die Nase gehalten und alles aufgenommen, was dieser auf Speed erzählt hat.
    Und das wurde dann von "wer gerade wollte" in seiner Kunstfabrik zu Buche getragen.
    Das Lektorat war strikt dagegen, dass so zu veröffentlichen. Warhol erklärte es dann zu Kunst und er durfte dann machen was er wollte.
    Ein Theaterstück hat er auch geschrieben. Lief immerhin 1 Jahr lang in London. Alle waren nackt. Wer hätte es gedacht.

    Fotografie? Es gibt noch immer 10-tausende Bilder, die nie veröffentlicht wurden. Da steigt keiner mehr durch.

    Nach dem Attentat auf ihn wandeltet er sich. Immer mehr ein "Produktionstyp" als ein freier Künstler.
    Wer das Geld aufbringen konnte, wurde gemalt. Auch Auftragsarbeiten von BMW waren dabei.
    Sein Vermögen wurde am Ende auf gute 100 Millionen geschätzt.
    Gestorben ist er an Komplikationen nach einer Gallenblasen-OP.
    Erst später sind seine "Time-Capsules" gefunden worden. Und auch sein Tagebuch. Hat noch mal ein anderes Licht auf ihn geworfen.
    Er selbst war eher introvertiert und hat für sich die Kunstfigur Warhol geschaffen. Nie als "ich bin der King" aufgetreten.
    Immer klare Kante und unbeabsichtigt viel Chaos. Viele Gönner haben die Preise für seine Werke hochgetrieben.
    Aber dennoch: ein angesehener Künstler. Selbst Beuys hat mit ihm gearbeitet.

    Ich liebe diesen Kerl.

    Er hat in der Moderne eine neue Gattung von Kunst geschaffen, in dem er die modernen Mittel gegen die Kunst selbst angewandt hat.
    PopArt ist durch ihn herangewachsen. Kritik am Konsum von einem maßlosem Konsumenten. Ironie darf halt nicht fehlen

    Externer Inhalt www.maker-forum.net
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.

    Keith Haring
    Wieder ein PopArt Künstler. Aber in einer Richtung, die große Teile aus der Graffiti-Szene wiederspiegelt.
    Bekannt vor allem durch die geraden, klaren Linien:
    Und natürlich seiner U-bahn-Zeichnungen.

    Details:

    Spoiler anzeigen


    Ein gelernter, studierter Künstler. Man sollte meinen, dass er ein braver Vertreter seiner Zunft ist.

    Aber nein: er ist ein Rebell gewesen.
    Um 1980 fing er an, das öffentliche Publikum zu suchen. Gestartet ist er mit Schriftschablonen, die gegen den Zuzug von Neureichen in sein Viertel (NewYork East/West-Village) wetterten.
    "Clones go Home".
    Collagen, die wie eine sehr gute Kopie der New Yorker Post aussahen provozierten mit "Reagan von heldenhaftem Cop getötet".
    Als Kurator im Mudd Club kam er durch die Umgebung auch immer wieder mit der Graffiti-Szene in Kontakt und fing immer mehr an, seine tags zu hinterlassen.
    Die Zeit für seine Subway-Drawings war gekommen.
    Leere, dunkle Oberflächen zogen in magisch an.
    1982 kam der Durchbruch mit nur einer einzigen Einzelausstellung, bei der er u.a. mit dem Graffiti-Künstler L.A. II Reproduktionen von Figuren wie Michelangelos David bemalten.
    Es folgten diverse Ausstellungen. Aber sein Drang zum "mal eben hier was hinmalen" blieb.
    In seiner Zeit traf er auch auf Warhol - und malte ihm eine Andy Mouse

    Externer Inhalt www.maker-forum.net
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.

    Unverkennbar der Stil.

    Seine Subwaydrawings werden auf etwa 10.000 Stück geschätzt.
    Da mußte dringen was aus seinem Kopf, wie es scheint:


    Er selbst wollte seinen Werken keine Namen geben.
    Frei von Vorabinterpretation sollte jeder selbst seine Idee daraus stricken.
    Einfache Formen für ein vorbeilaufendes Publikum.
    War das legal? Nein, aber es hat niemanden gestört.


    Gestorben 1990 an Aids. Entsprechend haben sich seine letzten Werke mit dem Tod befaßt.


    banksy
    OK. Ich glaube, jeder kennt mindestens ein Bild von banksy.
    Es tummeln sich viele Gerüchte darum, wer er ist.
    Ein radikaler Künstler, der sich nie gegen oder für die Kunst ausgesprochen hat.
    Gegen die Kunstwirtschaft hingegen schon. Sehr sogar.
    PopArt und Gesellschaftskritik ist seine Welt. Guerilla-Art.

    Er hat mal in einem Interview gesagt, dass er viel mit Schablonen macht, um schnell fertig zu werden und somit nicht erwischt zu werden.
    Heute redet er davon, dass Schablonen schon immer politisch waren und ganze Revolutionen in Gang gebracht haben.
    Eines ist mal klar: sportlich ist er. Oder die Gruppe "banksy"? Man weiß es nicht.
    Wie kann ein Kerl alleine so viel produzieren - inkl. einem Un-Amusement-Park - und niemand soll ihn kennen?
    Seine Werke, er malt auch in Öl, bringen mehrere Millionen ein. Und außer Kritik mit der Tagesstimmung ist da nicht viel hinter.

    Aber:
    Er hat Graffiti und Street-Art auf ein völlig neues Niveau gebracht.
    Er ist die Kombination aus Warhol und Haring.
    Genau genommen die Konsequenz, mit einem zusätzlichen Extra an Dreistigkeit.
    Und er hat nicht mal wirklich damit angefangen. In Frankreich gibt es den Künstler Blek le Rat, welcher schon viele Jahre zuvor viel mit Schablonen draußen gearbeitet hat.
    Oder kann mir einer sagen, welches hiervon von banksy ist?


    Keines. Alle sind von blek.

    Nur ging banksy immer ein Stück weiter und hat durch seine Anonymität eine Figur geschaffen.
    Und er hat ein verdammtes Schiff für die Rettung von Flüchtlingen auf See gespendet. Ein SCHIFF!
    Er hat sich stark politisch engagiert. Eine Person des öffentlichen Lebens ist er aber dennoch nicht.
    Unbekannt, und zu einem der 25 einflussreichsten Künstler erklärt worden (Time Magazin 2010).

    Sollte er jemals gefaßt werden, drohen dem vermeintlichen Multimillionär Haft wegen:
    Wandalismus, Sachbeschädigung und Einbruch.
    Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass ihn wirklich jemand verhaften lassen würde.
    Dennoch: Ruhm schützt vor Strafe nicht.

    :banksy: auf ihn wollte ich hinaus. Er ist der Künstler unserer Zeit.
    Er wird durch seine Kunst und Kritik an der Gesellschaft, Politik und der Kunst selbst in die Kunstbücher eingehen.
    Guerilla-Art at its best.

  • Sehr schoener Beitrag, danke.

    Ich bin ja immer etwas zwiespaeltig bei "Aktionskuenst", und natuerlich ist das Spektrum da sehr breit. Ich glaube ich habe mir da als Kind eine Aversion bei der Fettecke von Boys geholt, was ich halt fuer komplett keine Kunst halte, sondern halt reine Aktion. Da waren mir halt die Atomgegner die bei Gorfeld fuer Ihre Sache eingetreten sind, die viel klarere Sprache, statt so ein fettes Geschwurbel.

    Bei den drei Kuenstlern von Dir ist halt auch unterschiedlich viel "Kunst" vs. "Aktion" dabei, also schwierig ueber einen Kamm zu scheren. Die "Aktion" ist aber halt auch immer etwas, was am Ende doch ein Privileg ist, weil da halt immer soviel Geld involviert sein muss, das nur wenige dazu die Moeglichkeit haben. Aka: das ganze Aktionskunstfeld ist hochgeradisch undemokratisch, korrupt und inszestioues. Das macht dann halt eine faire Bewertung schwierig.

  • Tja, um Kunst zu verstehen muss man sie verstehen. Oder es zumindest versuchen.

    Klar, aber, verstehen heisst ja nicht moegen oder Wert schaetzen. Symbolismus ist eh immer schwierig. Gibt soviele Symbole, die Leute bloss vor sich hintragen, ohne das es am Ende was bringt. So wie dieses unersaegliche Klatschen letztes Jahr zugunsten der in der CoVid Pandemie taetigen. Sowas wie die 7000 Eichen zur documenta 7 auf der anderen Seite. Das war fuer mich richtig gute Aktionskunst.

    Und sei mir bitte nicht böse, aber Boys -> Beuys! Und mit Gorfeld war etwa Gorleben gemeint?

    Danke, aber als bekennender Legastheniker wuerde ich im Gegenzug darauf hinweisen, das ja wohl genuegend Redundanz vorhanden ist, so das man auch bei meinen Verschreibern das gemeinte herausfiltern kann. Aber natuerlich sorry. Ich versuche so etwas immer zu vermeiden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!